Im Jesidentum spielen die religiöse Gemeinschaft und der familiäre Zusammenhalt eine sehr wichtige Rolle. Schon seit vielen Jahrhunderten helfen sie den Jesidinnen und Jesiden, ihren Glauben, ihre Kultur und ihre Zugehörigkeit zu bewahren.
Erbgruppen im Jesidentum
Die Religionsgemeinschaft ist in drei Gruppen aufgeteilt:
- Die beiden Gruppen der religiösen Würdenträger der Scheichs und Pirs und
- die Gruppe der Muriden – so wird die Mehrheit der Jesidinnen und Jesiden genannt.
Diese Gruppen nennt man heute Erbgruppen, weil die Zugehörigkeit zu ihnen bei Geburt durch die Eltern vererbt wird. Früher war eher der Begriff „Kasten“ üblich, aber dieser Begriff wurde oft als etwas Schlechtes verstanden. Im diesem Betreuungssystem des Jesidentums sind aber alle Gruppen gleich wertvoll. Sie haben nur unterschiedliche Aufgaben. Als Geistliche lehren die Scheichs und Pirs den Glauben und begleiten die Menschen in religiösen Fragen, während die Muriden die Geistlichen dabei in vielfältiger Weise unterstützen.
Familienverbünde im Jesidentum
Den familiären Zusammenhalt in der jesidischen Gesellschaft prägt die Zugehörigkeit zu bestimmten Familienverbünden. Traditionell fühlen sich Jesidinnen und Jesiden stark mit ihrer Familie und ihrem jeweiligen Familienheiligen verbunden.
In Verantwortung für die jesidische Gemeinschaft stehen vor allem zwei wichtige Persönlichkeiten:
- Der Mir, das bedeutet Fürst oder Prinz, als das weltliche Oberhaupt. Dieses Amt wird vererbt.
- Der Baba Scheich als das religiöse Oberhaupt aller Jesidinnen und Jesiden. Der Baba Scheich wird vom Mir, dem Religionsrat und weiteren wichtigen religiösen Würdenträgern ernannt.
Die beiden Persönlichkeiten werden von einem Religionsrat, dem Jivata Ruhanî, unterstützt, in dem weitere wichtige Personen aus der Religionsgemeinschaft vertreten sind.
Heirat im Jesidentum
Um die gesellschaftliche Ordnung im Jesidentum zu stützen, gibt es besondere Heiratsregeln. Jesidinnen und Jesiden heiraten nur innerhalb ihrer eigenen Religion und auch nur innerhalb der eigenen Erbgruppe. Das nennt man Endogamie. So wird die Gemeinschaft bewahrt und die religiöse Tradition weitergegeben.
Das traditionelle Zugehörigkeits- und Betreuungssystem zeichnet das Jesidentum aus. Es sorgt auch heute noch dafür, dass sich alle Jesidinnen und Jesiden miteinander verbunden fühlen. Auch kennt dadurch jede und jeder den eigenen Platz in der Gemeinschaft, ganz gleich, zu welcher Erbgruppe sie oder er gehört.